„Wir haben ja viel. Und davon können und sollten wir natürlich auch etwas abgeben.“

Wenn er nicht gerade seine Berufsschülern unterrichtet, dann geht Alfred Brendler auf Reisen. Doch nicht, um irgendwo zwischen Pool und Hotelbar zu entspannen, sondern, um tatkräftig zu unterstützen. Die Liste seiner Hilfs-Einsätze ist lang; unter anderem ist er seit 2009 im Dorf Mekerie unterwegs.

Was genau er auf seinen Reisen macht und was ihn motiviert, das lesen Sie hier.

Alfred, schön, dass du dir Zeit für unser Interview nehmen konntest! Fangen wir doch mal ganz entspannt an. Wer bist du, wenn du nicht gerade für „Hamburger mit Herz“ im Einsatz bist?

Also, ich bin seit 33 Jahren Lehrer an einer Berufsschule und unterrichte dort Kunststofftechnik.

Seit drei Jahren bin ich mit meiner jetzigen Frau zusammen und zusammen sind wir Eltern von drei Kindern und Großeltern von zwei süßen Enkelkindern.

Lehrer zu sein bedeutet ja auch, mehr oder weniger viel Ferienzeit zu haben. Wie genau verbringst du die denn? Da kommt dann ja auch „Hamburger mit Herz“ ins Spiel, richtig?

Richtig! Die Anfänge liegen auch wirklich schon Jahre zurück. Ich war 2009 zum ersten Mal in Mekerie im Einsatz. Damals noch mit einer Institution aus Berlin. Und diese Institution wiederum hatte Kontakt mit Gorden. Und so kam es dann, dass er und ich 2012 das erste Mal gemeinsam in Mekerie waren und Gorden sich dort ein Bild von den Verhältnissen vor Ort gemacht hatte.

Was genau war denn in Mekerie euer Arbeitsauftrag bzw. was habt ihr euch dort selbst zum Ziel und zur Aufgabe gemacht?

Ziel damals, oder besser gesagt die Idee war, die Dörfer, wie etwa Mekerie, die keinen Anschluss an das Stromnetz haben, mit alternativen Energien zu versorgen. In dem Fall mit Solarpanels auf dem dortigen Dach der Schule und Solarlampen für die Hütten.

Und wie genau funktioniert das? Wie seid ihr vorgegangen?

Die Komponenten, also die Elektronik, das Panel und das Gehäuse, die kommen aus Deutschland. Wir nehmen die Solarlampen aber nicht nur einfach mit nach Afrika und verteilen sie vor Ort, wir zeigen den Einheimischen auch, wie das geht.

Das heißt, die Menschen, die dort leben, bekommen auch noch Wissen vermittelt?

Genau. Wir zeigen den Bewohnern des Ortes, wie genau die Lampen zusammengebaut werden und dann machen es die Leute dort alleine. Das heißt, die Komponenten werden direkt vor Ort von ihnen zusammengebaut und für den Verkauf bekommen sie ein wenig Geld; sie haben also eine kleine Nebeneinkunft.

Was ist das für ein Gefühl, aus unserer westlichen Überflussgesellschaft in ein abgeschiedenes Dorf zu kommen und dort in das Leben der Bewohner einzutauchen?

Die Eindrücke von Äthiopien sind immer sehr zwiespältig. Aber was immer sehr überraschend ist, ist, dass die Leute dort so aufgeschlossen und so hilfsbereit sind und immer weiter helfen wollen. Es ist interessant zu sehen, dass der Standard, den sie haben, sie glücklich macht. Und dass die Menschen mit dem Wenigen, was sie haben, zufrieden sind und sich ernähren können. Aber es zeigt mir auch: Wir sollten mehr dankbar sein, dass wir hier in Deutschland aufgewachsen sind und hier leben dürfen. Dass wir selbst viel haben und davon auch anderen etwas abgeben sollten. Das ist eigentlich auch das Lebensmotto, was wir uns gesetzt haben: Denen helfen, die weniger haben. Weil wir es einfach können.

Das klingt nach einem schönen Motto. Und vor allem klingt es richtig! Kannst du denn sagen, was für dich wichtiger ist: Hier in Deutschland als Lehrer Wissen zu vermitteln? Oder in anderen Ländern existenziell zu helfen?

Das ist kein „entweder-oder“. Hier zu unterrichten ist für mich Spaß und macht Freude.Woanders zu helfen, ist für mich sinnvoll und wichtig, um die Lücke zwischen den Lebensverhältnissen der Menschen dort zu unseren Lebensverhältnissen hier ein bisschen auszugleichen.

Was sind denn bisher deine schönsten Erfahrungen gewesen, wenn du unterwegs bist?

Es klingt platt, aber die schönste Erfahrung ist immer das Lächeln der Kinder. Das ist sicher für jeden so. Es ist für mich auch eine Genugtuung, wenn ich mit ihnen spiele, wenn sie in die Schule gehen dürfen, wenn sie Spaß haben, mit irgendwas zu spielen. Das, was für uns ganz kleine Sachen sind, ist für sie ganz existenziell.

Du bist ja viel in Äthiopien unterwegs, wo Kaffee auch eine große Rolle spielt. Bekommst du das dort auch mit?

Ja! Das spielt auch eine ganz große Rolle dort. Die Menschen sind wahnsinnig gastfreundlich. Wenn man zu einem Bauern geht, wird man schnell, obwohl sie einen nicht kennen, zum Kaffee eingeladen. Das ist toll. Diese Kaffeezeremonie in Äthiopien ist für mich wunderschön. Sie machen sich eine Stunde Arbeit, um einen perfekten Kaffee zuzubereiten und ihn uns dann zu servieren!

Du bist ja auch viel woanders in Sachen Solarpanels oder auch mit Wasserpumpen-Projekten unterwegs. In Bolivien zum Beispiel. Oder in Tansania und China.Gab es auf den Reisen denn mal Momente, in denen du Angst hattest?

Also, Angst hatte ich eigentlich noch nie. Vielleicht hatte ich Glück, vielleicht bin ich auch ein bisschen zu naiv dazu. Aber man merkt, wenn man so viel unterwegs ist, dass die Situationen vielleicht ein bisschen in die falsche Richtung laufen. Und dann muss man halt davon Abstand nehmen. Aber Angst ist für mich eigentlich nicht so das Thema. Die Leute vor Ort sind oft so fürsorglich, die sagen dann, da und da soll man besser nicht hingehen und dieses oder jenes sollte man besser bleiben lassen.

Hast du ein Beispiel für Situationen, die vielleicht ein bisschen unangenehm waren?

Ja. Meist waren ungünstige Situationen auf Unwissenheit der ethnischen Gegebenheiten zurückzuführen. Wenn wir zum Beispiel Ostern nach Äthiopien reisen, muss man wissen, dass die Leute in der Fastenzeit nicht soviel arbeiten können und Ostern in dem Land ein sehr großes Fest ist. Darüber muss man sich im Klaren sein und sich dann anpassen.

Auch eine meiner Erfahrungen: Dass man besser mit Frauen als koordinierende Person zusammenarbeitet. Denn meist sind diese zuverlässiger und sozialer.

Jetzt sind wir ja leider mitten in einer Pandemie. Aber wo wird es denn, sobald das wieder möglich ist, als nächstes für dich hingehen?

Also in Mekerie war ich das letzte Mal im November 2019. Das nächste Mal wird hoffentlich sobald wie möglich machbar sein. Vielleicht nächstes Jahr Ostern, um die Schule einzuweihen. Die ist wirklich wunderschön geworden. Ich in sehr überrascht, dass sie in so kurzer Zeit ein so tolles Schulgebäude aufgebaut haben.

– Das Interview führte Christiane Stauss –