von Katrin John

Im Rahmen ihrer Projektwoche „Fluchtpunkt Hamburg“ besuchten uns Schülerinnen und Schüler des Johanneums aus der Klassenstufe 8-11. Das Ziel des Projektes war, Begegnungen mit geflüchteten Menschen zu schaffen, Informationen über Fluchtursachen zu liefern und Vorurteile zu hinterfragen. Des Weiteren sollte ein Perspektivwechsel stattfinden, der Anregungen zur Mithilfe in Flüchtlingsinitiativen liefern soll. Die Jugendlichen besuchten in der Woche unterschiedliche Institutionen und Workshops.

Dabei ging es ganz praktisch um das miteinander Reden. Unsere Besucher kamen schnell in Kontakt mit den Geflüchteten und auf beiden Seiten war das gegenseitige Interesse groß.

Für ein gesellschaftliches Miteinander lohnt es sich, über den Tellerrand zu schauen und in den Dialog zu kommen, darin wurden die Schülerinnen und Schüler bestärkt. Wir danken für das Interesse, die Offenheit und den Weitblick! Kommt gern wieder, wir haben uns sehr gefreut!

Und auch die Schüler haben über ihr Projekt geschrieben: https://www.johanneum-hamburg.de/index.php/besondere-aktivitaeten-und-projekte/804-eine-herzensangelegenheit

Na, kommen Sie auch so langsam in WM-Stimmung, spüren Sie die Vorfreude auf perfekte Pässe, hart erarbeitete Torchancen und den krönenden Torjubel? Wir haben uns gefragt, welche Bedeutung Fußball in Äthiopien hat und sind für Sie auf die Suche gegangen.

Fußball gehört zu den beliebtesten Sportarten des Landes – obwohl Äthiopien international vor allem für mittlere und lange Laufdistanzen in der Leichtathletik bekannt ist. Denn obwohl die äthiopische Fußball-Nationalmannschaft eines der traditionsreichsten Teams des Kontinents ist, konnte sich die Mannschaft bisher noch nie für eine Weltmeisterschaft qualifizieren.

Doch das mindert das Interesse am Sport nicht im Geringsten: Fußball wird dort seit dem Jahr 1924 gespielt. Vermutlich wurde der Sport von europäischen Ausländern in der Hauptstadt Addis Abeba eingeführt.

Die verschiedenen politischen Veränderungen Äthiopiens spiegeln sich auch in der Fußballgeschichte des Landes wieder. 1935 gründeten junge Männer aus der Nachbarschaft der Kirche St. George mit der „Saint George Football Association“ den ersten Fußballverein Äthiopiens, der bis heute der erfolgreichste Fußballklub des Landes ist. Während der italienischen Besetzung von 1936 bis 1941 wurde den äthiopischen Mannschaften allerdings verboten, gegen europäische Teams zu spielen.

1943 wurde die „Ethiopian Football Federation“ gegründet, die 1953 der FIFA beitrat. Die ersten offiziellen Meisterschaftsspiele wurden 1944 ausgetragen. Nach der Machtübernahme durch Mengistu Haile Mariam wurden 1978 im Zuge seines diktatorischen Regimes alle Vereine aufgelöst und nach sozialistischem Vorbild durch Armee-, Hochschul- und politische Mannschaften ersetzt.

Die Nationalmannschaft Äthiopiens spielte ihr erstes Spiel 1947 gegen Dschibuti in Addis Abeba und gewann dieses mit 5:0. In ihren ersten Jahren spielte die äthiopische Nationalmannschaft eine wichtige Rolle im afrikanischen Fußball. Nach dem zweiten und dritten Platz gewannen die Äthiopier bei der 1962 zum dritten Mal ausgetragenen Afrikameisterschaft den Titel im eigenen Land.

Seit Ende der 60er blieben sportliche Erfolge nahezu aus. Die Nationalmannschaft zählte im afrikanischen Fußballverband zu den schwächsten. Für die Afrikameisterschaft war Äthiopien seitdem nur noch zweimal qualifiziert, für die Weltmeisterschaft nie. Trotz fehlender Erfolge der Nationalmannschaft, wird sie vom Großteil der Bevölkerung enthusiastisch unterstützt.

Die meisten Geflüchteten, die HAMBURGER*MIT HERZ in Hamburg bei der Integration unterstützt, stammen aus Eritrea. Eritrea ist ein kleines Land in Ost-Afrika mit nur 5 Millionen Einwohnern, aus dem jedes Jahr viele Tausend  fliehen. Ein Land, über das die Meisten nichts wissen. Warum fliehen Menschen von dort? Wie ist die Lage im Land? Dr. Nicole Hirt vom Institut für Afrikastudien am GIGA Hamburg hat viele Jahre in Eritrea gelebt, gearbeitet und darüber geforscht und hat uns ein paar Fragen beantwortet:

1. Jedes Jahr fliehen tausende Menschen aus Eritrea nach Europa und leben hier mit subsidiärem Schutzstatus. Aktuell ist dort kein Krieg. Wovor fliehen die Menschen? 

Nicole Hirt: Eritrea befindet sich zwar nicht im Krieg, aber in einem Zustand des „kalten Friedens“ mit Äthiopien. Beide Länder führten von 1998 bis 2000 einen verheerenden Grenzkrieg gegeneinander, dem bis zu 100.000 Menschen zum Opfer fielen. Äthiopien weigert sich, ein nach internationalem Recht Eritrea zustehendes Grenzgebiet abzutreten, und die eritreische Regierung reagierte darauf mit der Militarisierung der gesamten Gesellschaft. 2002 wurde der Nationaldienst, eine Kombination aus Wehr- und Wiederaufbaudienst, von 18 Monaten auf unbestimmte Zeit verlängert, was bedeutet, dass Frauen derzeit von 18 bis 27 Jahren, Männer ab 18 bis zum Alter von 50 oder manchmal auch 60 Jahren gegen ein Taschengeld Dienst leisten müssen. Selbst Siebzigjährige müssen noch Militärtrainings absolvieren und werden bewaffneten Nachbarschaftsmilizen zugeteilt. Die Menschen fliehen vor einem Staat, der sie im Rahmen des Nationaldienstes zu quasi lebenslanger Zwangsarbeit verpflichtet.

2. Warum nehmen die häufig jungen Menschen lieber eine lebensgefährliche Flucht in Kauf, als zum Militärdienst zu gehen?

Beim eritreischen Militär- bzw. Nationaldienst handelt es sich nicht um einen gewöhnlichen, zeitlich befristeten Dienst, sondern um systematische Zwangsarbeit. Mit 18 Jahren beginnt die militärische Ausbildung beispielsweise Trainingscamp Sawa, in dem gleichzeitig das 12. Schuljahr absolviert wird. Nach der Ausbildung geht der Dienst weiter: als Lehrer, medizinisches Personal, Plantagen- und Bauarbeiter – alle arbeiten fast kostenlos für den Staat und haben keine Chance, mit ihrem Sold eine Familie zu ernähren.

3.  Sie haben einige Jahre in Eritrea gelebt und gearbeitet. Was haben Sie dort gemacht?

Ich habe u.a. Forschungen für meine Promotionsarbeit über die eritreische Entwicklungsstrategie nach der Unabhängigkeit betrieben und habe an der Universität Asmara unterrichtet. Als Ausländer das Land noch frei bereisen durften, bin ich viel herumgekommen und habe auch viele ländliche Regionen sowie eine schwer erreichbare Rotmeerinsel besucht. Ich habe mich über die Jahre mit Menschen in verschiedensten Lebensumständen unterhalten und konnte mir ein Bild von ihrem Alltag machen.

4. Wie haben Sie das Land und die Menschen wahrgenommen?

Eritrea ist ein landschaftlich sehr schönes Land mit großer kultureller Vielfalt und einem immensen Entwicklungspotential, das leider von der Regierung seit dem Krieg mit Äthiopien überhaupt nicht mehr genutzt wird. Durch die italienische Kolonialisierung sind viele Städte, vor allem die Hauptstadt Asmara, die unlängst zum UNESCO-Kulturwelterbe erklärt wurde, durch italienische Architektur geprägt. Die Hafenstadt Massawa, die durch die Osmanen geprägt wurde und ebenfalls über wunderschöne, schützenswerte Bauwerke verfügt, ist dagegen dem Verfall überlassen. Die neuen ethnischen Gruppen, die Eritrea bewohnen – etwa zur Hälfte Muslime und Christen – üben traditionell unterschiedliche Wirtschaftsformen aus: kleinbäuerliche Landwirtschaft im Hochland, eher nomadische Lebensformen in den Tiefländern. Entlang der 1000 km langen Rotmeerküste ist es extrem heiß, im Hochland herrscht dagegen moderates Klima. Das Leben auf dem Lande ist besonders für Frauen sehr mühselig, da oft Wasser und Holz über weite Strecken zu Fuß transportiert werden müssen. Das Leben der Bevölkerung wird seit 16 Jahren vom zeitlich unbefristeten Nationaldienst bestimmt, der ihnen autonomes Wirtschaften verwehrt. Sowohl die Subsistenzwirtschaft (Bedarfswirtschaft), von der ca. 80 Prozent der Bevölkerung lebten, als auch handwerkliche Betriebe und Fabriken leiden unter Arbeitskräftemangel, da die Menschen entweder im Nationaldienst arbeiten oder das Land verlassen haben.

5. Wie sieht es in den Bereichen Bildung und Gesundheit aus?

Die Regierung hat sich über die Jahre bemüht, die Gesundheits- und Bildungssektoren zu verbessern, aber da fast alle Lehrer und Gesundheitsfachkräfte heute Nationaldienstleistende ohne ausreichendes Gehalt sind, leiden beide Sektoren unter hoher Personalfluktuation und die Einschulungsraten sinken kontinuierlich. Das Land befindet sich in einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale, von der es sich lange nicht erholen wird. Die Diaspora trägt derzeit mindestens ein Drittel zum Staatshaushalt bei und sichert zudem das Überleben im Land verbliebener Angehöriger.

6. Wie hat sich die Situation der Menschen in Eritrea in den letzten Jahren entwickelt?

Seit Einführung des zeitlich unbefristeten Nationaldienstes hat sich die Situation der Menschen extrem verschlechtert. Hunderttausende sind seither ins Ausland geflohen – die meisten in den Sudan und nach Äthiopien, viele arbeiten auf der arabischen Halbinsel – nur die wenigsten Geflüchteten erreichen Europa. Der UNHCR schätzt, dass etwa 5.000 EritreerInnen monatlich aus dem Land fliehen, obwohl dies ohne Ausreisevisum illegal ist und an der Grenze Schießbefehl herrscht. Andererseits sind korrupte Militärs in den Menschenschmuggel über die Grenze beteiligt.

7. Was müsste geschehen, damit sich die Lage im Land verbessert?

Besserung ist nur in Sicht, wenn das absurde System der lebenslangen Zwangsrekrutierung aufgegeben wird. Außerdem müsste die aktuell existierende Kommandowirtschaft liberalisiert werden, die auf staatlicher Zwangsarbeit beruht. Die Regierung ist jedoch nicht reformbereit und rechtfertigt das System mit der Bedrohung durch Äthiopien. In den letzten Jahren hat sich erwiesen, dass der Massenexodus das System stabilisiert, da die Geflüchteten verpflichtet sind, eine Diasporasteuer von 2 Prozent ihres Einkommens an die Regierung zu bezahlen. Zudem übernehmen sie die Versorgung ihrer Verwandten, die durch den Nationaldienst der Möglichkeit beraubt wurden, für sich selbst und ihre Kinder sowie für die ältere Generation zu sorgen. Die jetzige Regierung ist seit 1991 an der Macht, ohne dass jemals nationale Wahlen durchgeführt wurden. Solange sich an dieser Situation nicht ändert, wird die Massenflucht aus Eritrea weitergehen.

In der Hamburger Stiftungswoche vom 9. bis 13. Oktober wird die HERZKAMMER zum Raum für gute Taten. Täglich kann man von 13 bis 20 Uhr vorbeikommen, sich an der „Wand der guten Taten“ inspirieren lassen, ein Kärtchen mitnehmen und einfach etwas Gutes tun. Gemeinsam mit der Stiftung „Gute Tat“ wollen wir eine Woche lang zeigen, wie einfach Engagement sein kann.

Sozialsenatorin Melanie Leonhard hat schon mal angefangen, zu stricken:

Sea-Eye Team

Vergangenes Wochenende besuchten uns der Sea-Eye Gründer, Michael Buschheuer, und der Pressesprecher Hans-Peter Buschheuer in Hamburg. Gemeinsam sprachen wir über die aktuelle Situation auf dem Mittelmeer und erfuhren von den neusten politischen Entwicklungen in Italien. So wird derzeit über einen italienischen Einsatz im libyschen Hoheitsgewässer ratifiziert. Dieser sieht vor, Flüchtlinge in Gummibooten direkt nach dem Start an der Küste abzufangen, zurück an Land zu bringen und in neu errichtete Unterkünfte zu bringen. Der Lösungsansatz ist sehr fragwürdig aber zugleich sehr entscheidend für die NGOs auf dem Mittelmeer. Einen ausführlichen Bericht können Sie auf Reuters nachlesen: http://www.reuters.com/article/us-libya-security-italy-navy-idUSKBN1AC1PA

Mit unseren Freunden bei Sea-Eye nahmen wir an der Open-Air Vorführung unserer Dokumentation MINDEN REPLYING im Harburger Binnenhafen teil. Organisiert wurde das Event vom Kreisverband der Grünen. Es fand eine rege Diskussion mit Bundestagsmitglied Manuel Sarrazin, Sea-Eye Gründer Michael Buschheuer, dem 1. Vorsitzenden von HAMBURGER*MIT HERZ e.V. Gorden Isler und dem Filmemacher Maik Lüdemann statt.

MINDEN REPLYING beim Kulturkran

Am Sonntag fand eine weitere Vorführung unserer Dokumentation, in unserem neuen Büro statt. Wir durften rund 20 Personen in der „Herzkammer“ begrüßen. Michael Buschheuer erzählte uns seine Geschichte, wie er als Maler und Lackierer zum Gründer einer wichtigen NGO wurde.

https://www.facebook.com/HHmHeV/videos/1982317671793983/

 

Was ist MINDEN REPLYING?
Im vergangen November fuhren zwei unserer Mitglieder auf dem Seenotrettungskreuzer Minden mit. Sie drehten vor Ort eine Dokumentation über die Lage auf dem Mittelmeer und die Abläufe von Rettungseinsätzen. HAMBURGER*MIT HERZ setzt sich seither für Bildung zu der aktuellen Situation ein. Die Doku kann ab August gekauft oder geliehen werden. Für öffentliche Vorführungen bieten eine kostenfreie Vorführkopie an. Den Trailer zum Film finden Sie auf: http://minden-replying.de

Wer ist Sea-Eye?
Sea-Eye startete erst im Herbst 2015, als eine kleine Gruppe um den Regensburger Unternehmer Michael Buschheuer beschloss, dem Sterben der Flüchtenden im Mi’elmeer nicht länger tatenlos zuzusehen. Die Initiative kaufte ein Schiff, einen alten Fischkutter, und rüstete ihn zum Zweck der Seenotrettung um. Das Schiff, inzwischen auf den Namen Sea-Eye getaut, ist seit April 2016 auf Beobachtungs- und Rettungsfahrt vor der Küste Libyens: Die einzige Aufgabe besteht darin, in Seenot Geratene und Ertrinkende zu retten, Hilfe herbei zu holen. Im Jahr 2016 konnten die Crews der Sea-Eye 5568 Menschen aus Seenot retten! Die Initiative ist inzwischen auf rund 500 Menschen aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland angewachsen. Sie arbeiten ohne Bezahlung an dem Projekt Sea-Eye mit, verzichten auf Freizeit und Urlaub.

In dem betroffenen Seengebiet vor der Küste Libyens hält die Sea-Eye Ausschau nach seeuntüchtigen überfüllten Booten, die zu kentern drohen. Die Menschen werden mit Rettungswesten und Wasser versorgt, die Boote mittels Rettungsinseln entlastet. Schwerverletzte können an Bord der Sea-Eye in einer Krankenstation versorgt werden. Gleichzeitig wird ein SOS-Notruf an die Seenotleitstelle Mittelmeer in Rom abgesetzt. Nach internationalen Seerecht sind alle Schiffe, die sich in der Nähe befinden, verpflichtet, Schibrüchige aufzunehmen. Obwohl alle Helfer kostenlos an Sea-Eye mitwirken, ist der Verein auf Sach- und Geldspenden angewiesen. Das Projekt wird in diesem Jahr rund 500.000 Euro benötigen: Für Diesel, Flüge, Unterkunft, Rettungsmaterialien, Verpflegung, medizinisches Gerät, Elektronik. Weitere Infos unter: http://sea-eye.org

 

Mentor & Mentee

Miki (27, aus Eritrea) ist bereits seit zwei Jahren in Deutschland und besucht regelmäßig den Deutschunterricht von HAMBURGER*MIT HERZ. Dort lernte er vor einiger Zeit den Hamburger Lennart kennen. Nach einer anfänglichen Schnupperphase bemerkten beide, dass sie viele Interessen teilten und auch andere Gemeinsamkeiten hatten. „Wir sind sogar gleichgroß“, bemerkte Miki. Und so wurde Lennart Mikis Mentor.

Zurzeit studiert Lennart Politikwissenschaften, dennoch treffen sich Mentor und Mentee fast wöchentlich – zum Kaffeetrinken oder auch mal auf ein Bier. Am wichtigsten ist es für Miki, deutsch zu sprechen, da Übung ja bekanntlich den Meister macht. Zugute kommt den beiden jungen Männern auch die geografische Nähe, Lennarts Stadtteil Eimsbüttel ist nicht weit entfernt von Eppendorf, wo Miki mittlerweile lebt.

Seit Februar macht Miki nun eine Vorberatung zur Ausbildung (EQM) zum KFZ-Mechatroniker. Auch hierbei ergeben sich oft gemeinsame Gesprächsthemen, da Lennart bereits eine Ausbildung zum Feinwerkmechaniker abgeschlossen hat.

Die Unterstützung geht noch weiter: Gemeinsam machen die beiden Behördengänge oder gehen zu Terminen im Jobcenter. Lennart hat Miki auch bei Bewerbungen und der Wohnungssuche geholfen. Hier verfügt ein Alt-Hamburger wie der 28-jährige Lennart natürlich über einen enormen Erfahrungsschatz, von dem Neu-Hamburger Miki nur profitieren kann. Und während die beiden viel zusammengesessen, gelacht und sich unterhalten haben, vielleicht über einer Tasse Kaffee oder im Flur irgendeiner Behörde – sind sie klammheimlich Freunde geworden.

Von Valentin Asensio

 

Wenn auch Sie gerne Mentor/in eines Neu-Hamburgers werden wollen oder Fragen dazu haben, melden Sie sich bitte hier: Mentoring@hamburger-mit-herz.de

 

Post aus Mekerie

von Joanna Abram

Wie Sie aus unserem vorigen Newsletter wissen, war ich im Februar in Mekerie. Dort habe ich mich nicht nur um die Verteilung der Spendengelder und andere organisatorische Dinge gekümmert. Ich durfte auch Post aus Mekerie von 20 Kindern für deren Paten in Deutschland mitnehmen. Briefe bekommen und selbst schreiben ist für die Patenkinder ein wirkliches Highlight in ihrem oft recht monotonen Alltag und sie freuen sich immer wahnsinnig über die Post aus Deutschland. Gerade werden die Briefe übersetzt und dann an die Paten versendet.

Wenn Sie selbst Pate eines äthiopischen Kindes sind, nehmen Sie sich doch ein paar Minuten, um Ihrem Patenkind zu schreiben. Sie ahnen gar nicht, was für eine Freude Sie damit machen. Sie können die Briefe per Mail an patenkinder@hamburger-mit-herz.de senden oder an unsere Postanschrift. Im Oktober sind wir das nächste Mal in Äthiopien und können die Briefe dann übergeben.

Bisher haben wir ein Drittel der Kinder aus Mekerie vermittelt. Die anderen warten noch sehnsüchtig auf einen eigenen Paten. Einen Paten zu haben ist für die Kinder etwas ganz Besonderes und bedeutet einen kleinen Hoffnungsschimmer und Lichtblick in ihrem Alltag. In Zeiten wie diesen, da die Äthiopier wieder mit einer schlimmen Dürre zu kämpfen haben und die Vereinten Nationen gerade erst vor einer der schlimmsten Hungerkrisen der letzten Jahrzehnte gewarnt haben, brauchen gerade die äthiopischen Kinder unsere Unterstützung.

Wir würden uns sehr freuen, Sie als Paten in der HAMBURGER*MIT HERZ-Familie begrüßen zu dürfen. Wenn Sie dazu Fragen haben, melden Sie sich gerne bei mir: joanna.abram@hamburger-mit-herz.de.

 

Von Joanna Abram

Nach mehreren Monaten bürgerkriegsähnlicher Unruhen in Äthiopien war es endlich soweit: Die Lage im Inland hatte sich so weit stabilisiert, dass wir im Februar die Reise in unser Partnerdorf Mekerie antreten konnten. Bis zu unserer Ankunft in Äthiopien wussten wir nicht, ob wir es auch tatsächlich bis in das kleine Dorf schaffen würden. Trotzdem wollten wir es unbedingt versuchen.

Bei unserer Ankunft in Bahir Dar, der Hauptstadt der Amhara-Region, fühlten wir uns einigermaßen sicher und unsere anfänglichen Bedenken lösten sich in Luft auf. Erst als wir mit den Menschen vor Ort sprachen, erzählten sie uns von ihrer noch andauernden Angst wegen der vielen Aufstände der letzten Monate. Viele trauten sich abends nicht auf die Straße, weil sie eine erneute Eskalation befürchteten. Allerdings fuhren die öffentlichen Transportmittel wieder, sodass wir unsere Reise nach Mekerie bereits am nächsten Tag fortsetzen konnten.

In Mekerie haben wir schnell gemerkt, wie wichtig die regelmäßige Anwesenheit von HAMBURGER*MIT HERZ e.V. ist, um die Verantwortlichen vor Ort bei wichtigen Entscheidungen und deren Umsetzung zu unterstützen. Also haben wir in unserer Komitee-Besprechung gemeinsam alle offenen Punkte diskutiert und die nächsten Schritte geplant. Das Komitee verteilt dann die Spendengelder an die Kinder im Dorf. So werden jährlich bis zu 470 Kinder unterstützt und können die Schule besuchen. Und das allein mit 50 Patenschaften, die wir bisher vermittelt haben.

Auch wenn mir jedes einzelne unserer Patenkinder sehr ans Herz gewachsen ist, hatte ich während meiner Reise ein kleines, persönliches Highlight: Ich habe endlich mein Patenkind, den etwa 10-jährigen Ataloy, kennenlernen dürfen. (In Äthiopien lässt sich das genaue Alter nicht bestimmen, weil es keinerlei offizielle Aufzeichnungen über die Geburten gibt.) Es war ein ganz besonderer Moment für mich, mit Ataloy über sein Leben, seine Familie, seine Hobbies und Ziele zu sprechen und einen Teil seiner Familie kennenzulernen. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich sein Leben weiter entwickeln wird und freue mich, dass er nun ein Teil von meinem ist.

Porträt: Merhawi Eyob (26)

Von Eritrea nach Hamburg. Die Geschichte einer Flucht

aufgezeichnet von Anja Werner

Mein Name ist Merhawi Eyob. Ich bin 26 Jahre alt und lebe seit eineinhalb Jahren in Hamburg. Ich bin aus einer kleinen Stadt in Eritrea geflohen. Eigentlich hatte ich fünf Geschwister, aber meine ältere Schwester ist an Diabetes gestorben. Meine Eltern sind Farmer, wir Kinder sind alle zur Schule gegangen. Einer meiner Brüder ist Lehrer geworden, ein anderer Bruder arbeitet im Staatsdienst. Meine Schwestern haben sehr früh geheiratet.

Ich bin allein aus Eritrea geflohen, weil ich eine gute Zukunft haben wollte. Ich wollte studieren, aber ich sollte zum Militär. In Eritrea kann man sich seinen Job nicht selbst aussuchen oder sich einfach selbstständig machen, denn man muss machen, was die Regierung sagt. Ich hatte keine Perspektive auf ein selbstbestimmtes Leben.

Mit meinen Eltern habe ich nicht über meine geplante Flucht gesprochen. Ich bin einfach gegangen und hatte Glück. Viele Flüchtlinge haben Pech und geraten an brutale Schlepper oder sogar an Menschen, die ihnen ihre Organe stehlen. Ich hatte viel Glück auf meiner Flucht bis in den Sudan. Mit einem Freund brauchte ich zwei Nächte und zwei Tage bis dorthin. Erst als wir im Sudan waren, habe ich meine Eltern angerufen und ihnen gesagt, dass ich geflohen bin. Sie waren schockiert und enttäuscht, weil sie sich viel von mir erhofft hatten. Es war nicht so schön. Sie konnten mich auch nicht unterstützen.

Ich habe mich allein durchgeschlagen und mich an ein UN-Camp in Khartum gewendet. Dort blieb ich ungefähr zwei Monate. Ich wollte direkt nach Europa. Aber das ging nicht, weil ich kein Geld hatte und meine Eltern nicht um Geld bitten wollte. Daher bin ich in den Südsudan gefahren und habe dort beinahe zwei Jahre als Verkäufer hart gearbeitet, um Geld zu sparen. Mit dem Bus bin ich dann zurück in den Sudan. Es war schwer, denn jeder wollte Geld. Sie waren verrückt nach Geld.

Nach zwei weiteren Monaten bin ich dann mit dem Auto durch die Wüste nach Libyen gereist. Ich wurde von Schleppern dorthin gebracht, die einen aber nur bis nach Libyen bringen. Nachdem ich den Schleppern vor Ort mein ganzes Geld gegeben hatte, wurde ich nach Tripolis gebracht. Dort verbrachte ich sechs Wochen in unterschiedlichen Hallen. In einem Lager mit über 100 anderen Menschen verbrachte ich dann wieder zwei Wochen, bevor ich zu einem Schiff gebracht worden bin. Wir waren Gefangene der Schlepper. Wenn wir hätten gehen wollen, hätte jemand für uns bezahlen müssen. Man bekommt einmal am Tag zu essen. Es ist sehr wenig. Außerdem gab es viel zu wenig Wasser. Waschen konnten wir uns gar nicht.

An einem Morgen wurde ich um drei Uhr geweckt und zu einem großen Holzboot gebracht. Zum Glück war ich an Deck, denn die Menschen unter Deck bekommen wenig Luft und es ist sehr eng. Gott sei Dank ist niemandem etwas passiert. Nach acht Stunden auf dem Meer fand uns die italienische Küstenwache und brachte uns nach Lampedusa. Von dort wurden wir erst nach Sizilien gebracht, dann in die Nähe von Rom. Ab dort bin ich mit dem Zug Richtung Norden weitergefahren. Mein Neffe hatte mir Geld aus Afrika geschickt.

Kurz vor Österreich stoppte uns die italienische Polizei. Wir waren zu zweit aus Eritrea. Sie sagten, wir sollen in Italien bleiben, weil wir keine Chance hätten, nach Deutschland zu reisen. Aber wir haben es mit dem Zug versucht und bis nach Österreich geschafft. Wir haben nicht aufgegeben und Glück gehabt und waren dann endlich in München. Dort wartete die Polizei auf uns und verlangte unsere Dokumente. Sie war freundlich und brachte uns zur Polizeistation. Dort gaben wir unsere Fingerabdrücke ab.

Mit dem Bus sind wir dann in ein Camp gefahren. Dort wollte ich nicht bleiben. Eigentlich wollte ich nach Schweden fahren, aber meine Familie riet mir, in Deutschland zu bleiben. Es ist schwer, sich allein in Deutschland zurechtzufinden. Ich versuchte, meinen Onkel in Bielefeld zu erreichen. Eine Nacht musste ich in einem Bahnhof schlafen. Dann lebte ich eine Woche in Bielefeld bei meinem Onkel. Er erzählte mir von Hamburg.

Am 29.05.2015 kam ich dann in Hamburg an und seit Dezember 2016 mache ich eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Vielleicht kann ich mein Abitur nachholen und später Medizin studieren. Ich bin sehr froh, dass ich HAMBURGER*MIT HERZ kennengelernt habe und danke allen Menschen, die mich unterstützt haben.

© Foto Elena Zaucke

Die Tage werden zwar langsam wieder länger, dennoch steht uns der Sinn nach Wärme und Gemütlichkeit. Seit Anfang November treffen wir uns deshalb jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr in der Kultur-„Fabrique“ im Gängeviertel (Valentinskamp 34a, Zugang von der Speckstraße) und häkeln zusammen mit einigen Neu-Hamburgern, die wir schon aus dem Sprachunterricht von HAMBURGER*MIT HERZ kennen. In der kalten und dunklen Jahreszeit wollten wir gern etwas zusammen mit den jungen Leuten machen, die wir sonst nur im Sprachunterricht erleben. Während unserer Handarbeits-Treffen bietet sich nun endlich die Gelegenheit, bei einem Becher Tee ins Gespräch zu kommen. Wir häkeln, schnacken und lachen zusammen und vertreiben auf diese Art ein wenig die winterliche Kälte. Wenn Sie Lust haben, mitzumachen, melden Sie sich einfach bei uns unter fluechtlingshilfe@hamburger-mit-herz.de oder kommen sie spontan vorbei. Wir freuen uns auf Sie!