Es ist unglaublich, wie schnell und wie viele Menschen der tapferen Daisy von den Kap Verden helfen wollen. Die 13-Jährige leidet von Geburt an unter Spina Bifida, einer offenen Wirbelsäule. Durch das viele Liegen hat sie zusätzlich seit mehreren Jahren eine offene Wunde, die von allein nicht verheilt. Dank eurer Spenden soll Daisy jetzt operiert werden. Krankenhaus und Ärzteteam stehen bereit. Aber eine schwere Blasenentzündung, die auf Daisys Heimatinsel Santiago falsch behandelt wurde, verzögert den notwendigen Eingriff. Die gute Nachricht: Die neuen Medikamente – finanziert ebenfalls durch eure Spenden – wirken bereits. Wir hoffen, dass Daisy nun endlich in der letzten August-Woche operiert werden kann. Diese Verzögerung wird all unsere finanziellen Reserven aufbrauchen – Daisy ist auf jeden Cent Spenden angewiesen.

Bitte spendet weiter!

Hier der Link zur Spendenseite auf betterplace

Das Foto zeigt Daisy mit ihrer Pflegemutter beim Eisessen, eine sehr seltene Freude.

Wow, ihr seid spitze! Am 22.5. hatten wir mit einem Sondernewsletter über Daisy berichtet und euch um Spenden gebeten. Drei Hamburger Journalisten sind an unseren Verein getreten: Sie wollen der 13-jährigen Daisy helfen, die auf den Kap Verden lebt und dringend operiert werden muss. Einen Spezialisten und das Krankenhaus haben die drei schon auf den Kap Verden organisiert. Aber da Daisy keine Krankenversicherung hat, fehlte das Geld für die nötige OP: 7.250 Euro! Also haben die drei sich an ihre Telefone gehängt und alle Freunde und Bekannte angerufen, darunter auch Gorden Isler von HAMBURGER*MIT HERZ. Zusammen haben wir eine Spendenaktion bei betterplace angestoßen. Und sind super happy, dass ihr alle in weniger als vier Wochen über 5.700 Euro gespendet habt! Dafür ein supergroßes Dankeschön! Die OP wird also Anfang Juli stattfinden!

Aber: Für die Nachbehandlung fehlen uns immer noch etwa 1.500 Euro. Bitte trommelt auch dafür in eurer Familie, bei euren Freunden und Arbeitskollegen – hier der Link zur Spendenseite auf betterplace

 

– Alisha schreibt über Inge und Nils –

Hilfebedürftige gibt es in Hamburg viele. Menschen, die helfen wollen auch. Doch wie bringen wir sie zusammen? Fragt man Inge & Nils, bekommt man einen Kaffee und den ganz unromantisch-norddeutschen Blick darauf, was passiert, wenn man jemanden auf der Flucht ein bisschen seiner Ruhe schenkt. Die gute Nachricht: Es ist ganz einfach.

Ich komme mit dem Rad und gehe mit dem merkwürdigen Gefühl, irgendetwas vergessen zu haben. Beim Eintreten in die Hamburger Wohnung samt Gemeinschaftsgarten mit Blick auf den Kanal, fällt es schwer nicht zu denken „Die haben alles, das ganze Paket.“ Körperlich und geistig fit, eine schöne, ruhig gelegene Wohnung, ein Fleckchen Grün, Kinder und Enkelkinder, dazu die nordische Gelassenheit. „Was will man mehr?“, fragt man sich, am frisch aufgebrühten Kaffee nippend. Helfen!

Und zwar nicht mit Fanfaren und Floskeln, sonder ganz unglamourös. Mit beiden Händen und vollem Herzen. „Das hat sich einfach so entwickelt“, sagt Inge schulterzuckend, als erkläre das irgendetwas. Und das tut es auch, ich brauche nur noch einen Moment, bis ich es verstehe.

ES GIBT SIE NOCH: SCHLICHTE ZUFRIEDENHEIT

Das Ehepaar – sie Arzthelferin im Ruhestand, er ehemals Pastor – empfangen mich mit offenen Armen und freiem Kopf. Ich darf Platz nehmen, zu Schweizer Schokolade und Geschichten von nebenan. Kaum Distanz, keine Vorurteile, hier hat Schnacken nichts mit Halbwahrheiten zu tun. Die beiden lachen viel, sind unbefangen und unterhaltsam. Wenn Inges Augen leuchten, beginnt Nils zu schmunzeln. Schön, dass es sie noch gibt: Schlichte Zufriedenheit. Ich bin ihr lange nicht mehr so nah gekommen. Willkommen in der heilen Welt.

Sie kommt in leicht bekömmlicher Form von zwei schmucken Mitachtzigern, die noch an das Gute glauben. Schon seit die beiden sich kennen, eben ewig, engagieren sie sich für allerhand. Doch wenn Nils davon anfangen will, winkt Inge ab. Das seien alte Kamellen und tue hier nichts zur Sache. Die zwei möchten ganz offensichtlich keinen Orden für ihr Engagement. Gut, dass ich nur offene Ohren mitgebracht habe.

SIE SAGTE KEIN WORT, KEIN EINZIGES

Seit über fünf Jahren ist das Duo nun schon fester Bestandteil vom HAMBURGER*MIT HERZ e.V. Erst als improvisierende Deutschlehrer, später – bis heute – als Mentoren einer geflüchteten Familie aus Eritrea. Wenn sie ihre Erfahrungen teilen, ist es, als würde man hinter einen Vorhang lugen. Diesem Vorhang, der einem oft so hinderlich den breiten Horizont verwehrt, der Unterschied zwischen Hörensagen und Sehen. Die beiden sehen. Sie sehen wie Mohamed von Kitatür zu Kitatür pilgert, um seinen Kindern einen Platz zum Bleiben zu finden. Dass die Eltern niemals müde werden, die Sprache zu lernen, wie wahnwitzig die Fragen des B1-Testes auch sein mögen. Sie sehen, wie der Gang zum Arzt, das Ausfüllen einer Mieterauskunft, das Dechiffrieren der Amtspost zu einem Staatsakt wird, wenn man alleine in der Fremde steht. Wie doch dotierte Wissenschaftler 18-seitige Gutachten erstellen, um wirklich ganz sicher zu gehen, dass die Familie eritreisch spricht. Sie sehen, wie die 26-jährige Jameila mit einem Kind an jeder Hand, in einem Land, dessen Sprache sie oft nicht versteht und Regeln sie nicht kennt, versucht eine Wohnung zu finden. Eine Wohnung. In Hamburg. Auf der Flucht. Geduld ist hier die Währung, doch davon scheinen alle vier zum Glück reichlich im Gepäck zu haben.

SIE ESSEN INJERA UND SINGEN ZUSAMMEN „OH TANNENBAUM“

 „Sie sagte kein Wort“, erinnert sich Inge. Kein einziges Wort, als Jemeila sich eines Tages zu Inge an den Tisch im Gemeindesaal setzte, um Deutsch zu lernen. „Doch sie kam wieder. An unseren Tisch. Und ich sah sie an und wusste: Diese junge Frau lässt du jetzt mal nicht in Ruhe. Die soll sich hier auch gerade machen dürfen.“ Denn Jameila machte sich ganz klein. Klein und unsichtbar, in einem Land, dass sich bis heute uneins zeigt, wer darin warum willkommen ist. Hier scheint guter Rat oft teuer. Doch findet man ihn kostenlos, kommt er wie hier von Herzen.
Der Rest habe sich dann ganz organisch entwickelt, sagen die beiden und sprechen über die letzten drei Jahren als wäre es unser aller Alltag. Sie feiern gemeinsam Weihnachten, singen laut „Oh Tannenbaum“, essen Injera und teilen Sorgen und Kulturen, an Sonnentage sogar mit Planschbecken im Garten. Wie das kam, frage ich Inge und wundere mich über die Beiläufigkeit ihrer Worte. „Ich sagte zu Jameila, wenn sie Lust habe, könnten sie uns mal besuchen kommen. Und sie hatten Lust.“

NILS KENNT DAS GEFÜHL, ALS NEUER IN DER FREMDE ZU STEHEN

Aus dem unverbindlichen Angebot ist inzwischen eine Freundschaft gewachsen. Für Nils hat das im Grunde wenig mit Helfen zu tun, sondern illustriert vielmehr den Sinn des Lebens. Zugegeben, er hat einen kleinen Platzvorteil, denn er ist selbst zweimal geflüchtet. Und obgleich er die Sprache konnte, kennt er das Gefühl sehr gut, als Neuer in der Fremde zu stehen.

„Das kann man nicht so lassen, da muss man helfen“, sagt er mit einem ernsten Schimmer in den Augen, denn das, was folgt, ist wichtig: „Jeder erinnert sich selbst an Situationen, wo Einzelne einem geholfen haben. Das sind solche Inseln im Leben, an die man sich gerne erinnert und die auch ganz wichtig gewesen sind.“ Wichtig, um weiterzukommen. Wichtig, um endlich anzukommen. Und in der Einfachheit seiner Worte schlummert wie immer ihre Essenz. 

EGAL, WO MAN NEU ANFÄNGT, ES WARTEN DIE IMMER GLEICHEN PROBLEME

Wir alle kennen verschlossene Türen und schwierige Momente, suchen Wohnungen und Kitaplätze, Jobs und Freunde, Anschluss und Hilfe. Keiner kommt hier alleine klar. Flüchtlinge sind da weder eine Ausnahme noch ein besonders schwerer Fall. Denn egal wo man neu anfängt, gezwungen oder gewollt, warten die immer gleichen Probleme – oft banaler Natur und verhältnismäßig leicht zu lösen. Wirklich schwer wiegen sie es erst ohne Hilfe. „Nicht: Da sind wir und da seid ihr. Sondern symbiotisch. So wie es nun mal in der Natur natürlich ist. Der eine lebt mit dem anderen zusammen, die tauschen sich aus und helfen sich gegenseitig. Das ist doch einfach nur sinnvoll“, sagt Nils und ich nicke, weil ich endlich verstanden habe, was die Zwei längst wissen: Man kann schon helfen, bevor man alle Antwort hat. Der Rest ergibt sich. Das klingt erst zu einfach, dann ziemlich schön und am Ende irgendwie nach „Wo soll ich mit anpacken?“ Und auch die Antwort darauf ist ganz leicht: Direkt ums Eck, z.B. im Mentorenprogamm des HAMBURGER*MIT HERZ e.V. Das ginge auch mit weniger Zeit und Lebenserfahrung, wird mir mit Ehrenwort versprochen. „Jeder hat seine eigene Geschichte und kann etwas Gutes dazu beitragen“, lächelt Inge. „Man muss ja nur mal den Hinter hochkriegen.“ Nils lacht wissend, ganz ohne erhobenen Zeigerfinger, versteht sich.

JEDER HAT SEINE EIGENE GESCHICHTE UND KANN ETWAS GUTES DAZU BEITRAGEN

Wo wollen wir also hin? Weiter. Eine Wohnung für die vier finden, sie einrichten, Mohamed beim B1-Test unterstützen, um damit die formale Voraussetzung für den Ausbildungsplatz in den Händen halten. Die praktische hatte er schon immer im Gepäck.

„Endlich zu Ruhe kommen“, schließt Inge. Der Familie einen Ort finden, an dem sie menschenwürdig leben können, mit einem eigenen Klo und einer Chance auf Zukunft. „Wenn das endlich so weit wäre, könnte man mal loslassen und dann einfach nur da sein“, fügt sie so bedächtig hinzu, das wir wirklich kurz innehalten.

„Dann können sie uns endlich mal entspannt besuchen“, ruft Nils in die Ruhe und wir lachen so herzlich, das ich mit einem Schmunzeln gehe. Und als ich mich, Zuhause angekommen, noch immer über die Leichtigkeit dieser tollen Begegnung wundere, fällt mir plötzlich ein, was ich wohl längst vergessen hatte: Es kann so einfach sein.

Seit wann bist du Mentor für den Hamburger mit Herz e.V.?

Vor ziemlich gut einem Jahr, im November 2017, haben Kahsay und ich unseren Mentoren-Vertrag unterschrieben.

Wie bist du dazu gekommen? Was waren deine Beweggründe dafür Mentor zu werden?

Wir waren auf der Demo „Hamburg zeigt Haltung“, mit der wir ein Gegengewicht gegen diese Krawalle beim G20-Gipfel zeigen wollten. Dort hatte der Verein „Hamburger mit Herz“ einen Stand, auf dem sie ihre Arbeit vorstellten. Mir hat das eingeleuchtet, dass man Hilfe gut brauchen kann, wenn man sich in unserer Gesellschaft zurechtfinden muss.

Wer ist dein Mentee? Was ist das Besondere an ihm, was macht ihn aus? Welche Gemeinsamkeiten habt ihr?

Kahsay ist etwas über 40. Er hat keine Frau und keine Kinder, wohnt alleine – noch immer in einer Geflüchteten-Unterkunft in Langenhorn. In Eritrea war er Gabelstaplerfahrer und hat hier mit Erfolg eine Ausbildung zum Transport-Logistiker gemacht. Seit März arbeitet er im Schichtdienst im Hafen.
Ich finde seine Zeichnungen sehr beeindruckend. Er macht oft sehr detailgenaue Sketches z.B. von den Geräten und Maschinen, mit denen er im Hafen hantieren muss. Ich würde so gerne eine kleine Ausstellung mit seinen Bildern organisieren, aber leider fehlt mir der Ansatz, wie ich das machen kann.

Wie gestalten sich eure Treffen? Was unternehmt ihr gerne zusammen? Kannst du vielleicht sogar von einem Erlebnis kurz erzählen?

Meistens treffen wir uns an den Montagen in der St. Markus-Gemeinde. Da finden die Sprachkurse von Hamburger mit Herz statt, an denen Kahsay fleißig teilnimmt, um sein Deutsch zu verbessern. Ich komme dann für eine halbe oder eine Stunde dazu und wir besprechen, was so anliegt.

Wobei kannst du ihn unterstützen? Was hat sich durch euer Mentoring schon für ihn positiv verändert?

Zurzeit Moment versuchen wir ihn aus dem Geflüchtetenheim heraus zu bekommen. Aber das ist nicht einfach. Ich glaube, dass ich hilfreich für ihn bin, wenn es um Briefe von den Behörden geht und solchen Sachen. Ich bin auch mit den Betreuern von Fördern und Wohnen im Geflüchtetenheim im Kontakt. Wenn sie Fragen oder Wünsche an ihn haben, kann ich vermitteln. Meine Erfahrungen mit den Leuten sind auch sehr positiv. Ich habe schon den Eindruck, dass sie sich um ihre Schützlinge kümmern und sie unterstützen, so gut sie können.

Was kannst du gleichzeitig von ihm lernen? Was ist der „Gewinn“ für dich?

Vor allem habe ich für mich das Gefühl etwas nützliches zu tun.

Hast du Wünsche für deinen Mentee? Was würdest du ihm gerne auf den Weg geben?

Ich glaube, er möchte gerne seinen Bruder mit dessen Familie nachholen. Es wäre toll, wenn das klappen würde. Ansonsten habe ich das Gefühl, dass er noch etwas besser Deutsch lernen müsste und sich endlich mit dem PC anfreunden 😉

Möchtest du sonst noch etwas zum Mentorenprogramm im Allgemeinen als Feedback geben?

Ich finde das Programm eine tolle Sache und bin von den Leuten bei „Hamburger mit Herz“ begeistert. Sie haben immer etwas „auf der Pfanne“ und neue Ideen von uns Mentoren werden aufgenommen und weiterverarbeitet. Die gemeinsamen Feste bringen uns alle zusammen. Hat schon was von „großer Familie“.