„Geduld, Vertrauen und unerschütterliche Entschlossenheit“ – von einem, dessen Lebensweg anders als geplant verlief und der darin seine Erfüllung fand

Von Christiane Stauss

Wenn Ken morgens an seiner Schule ankommt, dann ist er in erster Linie erst einmal froh.

Froh darüber, dass sich immerhin ein paar seiner Schüler in dem Klassenraum eingefunden haben.

Ken ist 32 Jahre alt und Lehrer an der Schule von Namosi in Bungoma County – einem Landkreis in Kenia, in dem rund 1,7 Mio Menschen leben und in dem gerade einmal 3,1 Prozent der Haushalte an die Stromversorgung angeschlossen sind.

Der Großteil der Bevölkerung hier lebt vom Mais- oder Zuckerrohranbau. Der Zugang zu Wasser ist dank zahlreicher Flüsse und einer sehr hohen Niederschlagsmenge durch das Jahr hindurch kein Problem, zumindest nicht für die Bewässerung der Pflanzen. Für Ken und seine Schüler allerdings schon:

„Viele der Kinder kommen zwar aus der näheren Umgebung. Aber einige müssen fast 10 Kilometer zurücklegen – zu Fuß. Besonders schlimm ist der Schulweg zur Regenzeit. Denn an den meisten Flüssen gibt es kaum Brücken. Und einfach so durch das Wasser zu gehen, geht bei Überflutungen natürlich nicht. Das wäre tödlich. Also müssen die Kids eine Brücke finden, über die sie gefahrlos den Fluss durchqueren können. Das kann dauern und heißt auch, dass viele Schüler zu den ersten Unterrichtsstunden zu spät kommen und Unterrichtsstoff verpassen“, erklärt Ken.

Englisch und Bio sind die Fächer, die er unterrichtet. Ken ist engagiert, er liebt seine Arbeit und weiß, wie wichtig sie ist. Doch dass er heute überhaupt da ist, wo er jetzt ist, war eigentlich gar nicht so geplant.

„Mein großer Traum war immer, Journalist zu werden. Lehrer zu werden, daran habe ich nie gedacht“, lacht er fröhlich. Doch wie es zu seinem Lehrerdasein kam, klingt dann gar nicht so lustig:

„Ich bin früh Waise geworden und habe mich alleine mit meinen Geschwistern durchs Leben geschlagen. Um ein wenig Geld zu verdienen, haben wir Holzkohle und Gemüse verkauft. Doch das reichte für die Schulgebühren kaum aus, so dass ich die Schule früh verlassen musste.“

Er hielt jedoch weiter an seinem Traum, Journalist zu werden, fest und konnte sich mit der Zeit auch Geld für die Studiengebühren erarbeiten. „Für das Studium meiner Wahl reichte es aber einfach nicht aus. Ich musste mich also neu orientieren, musste umdenken und dann ein Studienfach wählen, welches ich mir leisten konnte. Und so wurde ich dann Lehrer. Und das ist auch gut so“, sagt er.

Er erkläre den Kindern gerne, wie wichtig es ist, auch in schweren Zeiten Geduld zu haben und an sich zu glauben. Und wie wichtig es ist, sich Ziele zu setzen und diese entschlossen zu verfolgen.

Und so antworten auch viele Schüler auf Kens Frage, was sie später denn werden wollen, mit „Arzt“ oder „Polizist“ oder „Pilot“. Das macht Ken stolz und zuversichtlich, doch er hofft auch, dass bei den Kids der Start in das Berufsleben anders verläuft, als bei ihm selbst. „Ich wünsche mir, dass bei meinen Schülern nicht das Schicksal entscheidet, was aus ihnen wird. Sie selbst sollen sich ihre Arbeit aussuchen können; sie selbst sollen eine Entscheidung treffen können und das verfolgen und umsetzen können, was sie glücklich macht.“

Wenn die Kinder dann trotz der Regensaison unbeschadet den Weg in die Schule überstanden haben, ist Ken zwar erleichtert, gleichzeitig aber auch besorgt, denn die Schule ist zu klein. „In der ersten Klasse haben wir 120 Schüler in einem Raum! Das ist zu viel“ Und es geht noch schlimmer: „In der achten Klasse, in der ich unterrichte, gibt es 74 Jungs und 64 Mädchen. Das sind 138 Schüler plus eine Lehrkraft auf engstem Raum“, erzählt er besorgt. Und dabei ist so ein Klassenraum nicht mal ansatzweise das, was WIR unter einem Klassenraum verstehen: Die Kids sitzen auf Holzbänken, es gibt keine Fenster und es ist heiß. Sehr heiß. „Im Sommer haben wir hier tägliche Temperaturen von ungefähr 33 Grad.“

Das Problem mit den hohen Temperaturen kann natürlich keiner ändern; die Unterrichts-Umstände allerdings schon: mehrere Tausend Euro wurden bislang gespendet und in die Verbesserung der Räumlichkeiten der Schule investiert.

Doch leider nützt das alles in Zeiten einer Pandemie wenig. Alle Schulen, so Ken, sind nun seit Monaten geschlossen, die Kinder müssen zu Hause bleiben – und das ist ein riesiges Problem.

Und: ein Problem anderer Art, als man zunächst annehmen würde: „Dank der vielen Spenden von „Hamburger mit Herz“ ist es möglich, dass einige Schüler trotz der Isolation in den eigenen vier Wänden das Lehrmaterial durch Kuriere bekommen und so weiterhin an Tests und Arbeiten teilnehmen können. Sie können zwar nicht in die Schule, aber die Schule kann zu ihnen kommen.“

Die eigentliche Problematik liegt ganz woanders:

„Die Schwangerschaftsrate ist seit Covid-19 rapide in die Höhe geschossen. Allein bei uns in Bungoma County sind jetzt mehr als 5.000 junge Mädchen schwanger. In Kakamega County ist die Zahl der schwangeren Mädchen auf über 11.000 angestiegen!“

Warum die Zahl der frühen Schwangerschaften zu explodieren scheint? Ken kennt die besorgniserregenden Gründen: „Viele Mädchen stimmen dem Sex mit Jungs zu, weil diese ihnen Geld dafür geben. Das Geld wiederum brauchen die Mädchen, um sich damit Hygieneartikel für ihre monatliche Menstruation zu kaufen. Normalerweise bekommen sie diese Dinge von der Schule gestellt. Da die Schulen aber wegen Corona geschlossen sind, müssen sie sich diese wichtigen Utensilien selber besorgen.“

Und so gehen viele Mädchen diesen schlimmen Tauschhandel ein.

Auch das Unwissen darüber, wann und wieso eine Schwangerschaft zustande kommen kann und die Tatsache, dass etwa Kondome nicht an junge Mädchen verkauft werden, haben die Schwangerschaften in die Höhe schnellen lassen, erklärt uns Ken und appelliert:

„Wir müssen die Kids beschäftigt halten, damit sie gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen. Und wir müssen aufklären. Die Kinder müssen wissen, wann ein Mädchen schwanger werden kann und dass durch ungeschützten Verkehr auch Krankheiten wie Aids übertragen werden können.“

Und im gleichen Atemzug erwähnt er, dass auch gegen das Corona-Virus kaum Schutz angeboten wird. „Die Regierung stellte keine Mund-Nasen-Masken zur Verfügung. Zumindest nicht unentgeltlich. Und da die meisten Kinder und ihre Familien zu arm sind, um sich Masken leisten zu können, sind hier viele Menschen völlig schutzlos dem Virus ausgesetzt.“

Doch trotz aller Widrigkeiten und der schwierigen Bedingungen, unter denen Ken aufwuchs und unter denen er auch jetzt arbeiten und leben muss: Den Glauben daran, dass alles gut wird, den hat er nie verloren.

Und dann erzählt er uns am Ende des Gesprächs etwas, was das Ganze nicht besser hätte unterstreichen können: „Nachdem meine Verlobte im letzten Jahr verstorben ist, dachte ich, ich werde nie wieder froh. Mein Herz war gebrochen. Es es war sehr schlimm. Doch nun habe ich eine neue Liebe gefunden und wir werden noch in diesem Jahr heiraten.“

Der Wert und die Bedeutung einer Zusammenarbeit werden insbesondere in Krisenzeiten ernsthaft auf die Probe gestellt. Die Corona Krise schädigt dabei nicht nur rein profitorientierte Systeme. Auch Hilfsorganisationen wie Hamburger*mit Herz leiden unter Spendeneinbrüchen und insbesondere um Aufmerksamkeitseinbrüche.

Am Ende des vergangenen Jahres gaben wir den Startschuss für den Bau eines neuen Schulgebäudes. Die Finanzierungspläne waren ambitioniert, doch eine Zusage der NUE Stiftung und das Commitment unserer Unterstützer*innen gaben uns den nötigen Mut.

Wir erteilten den Auftrag im Januar 2020. Die Menschen in Mekerie machten sich sofort an die Arbeit. Material wurde bestellt und schnell wurde das Fundament für ein neues Gebäude angelegt. Dann kam Corona.

Selbst unser äthiopischer Projektleiter konnte nicht mehr in den Norden reisen, um Mekerie zu besuchen. Die Bewegungsfreiheit wurde extrem eingeschränkt. Man möchte sich nicht vorstellen, was allein in Mekerie passieren würde, wenn man weiß, wie ansteckend und wie gefährlich das Corona Virus ist. Wir hatten und haben noch immer große Sorgen, um die Menschen dort. Die Abgeschiedenheit der Gemeinde ist sonst wirtschaftlich gesehen ein Nachteil. In einer Gesundheitskrise kann das jedoch ein entscheidender Vorteil sein. Denn es gibt kaum Gründe für Menschen von außerhalb, Mekerie zu besuchen. Auch wir haben alle Besuche gestrichen, um die Menschen vor Ort nicht zu gefährden. Nun lernen wir, wie sehr wir uns aufeinander verlassen können.

Der Bau der Schule ging dennoch voran. Zuverlässig wurden die Arbeiten fortgesetzt. Wir sind unglaublich stolz darauf und fühlen uns in unserem Vertrauen in die Menschen noch mehr bestärkt, wenn man sieht, wie das Schulgebäude inzwischen fast schon fertig gestellt worden ist. Bildung ist der eine Weg aus der Krise. Einander zu Vertrauen ist jedoch der entscheidende Weg.

Wir freuen uns weiterhin über jede weitere Spende!

Die Hilfe vor Ort darf gerade jetzt nicht aufhören. Bitte helfen Sie unserem Projekt in Mekerie mit Ihrer einmaligen Spende oder mit einer Patenschaft. Berichten Sie Ihren Freund*innen und Ihre Familie über unsere wichtige Arbeit und bleiben Sie gesund.

 

Ihre Anja Werner

 

„Die Geschichte der Naturwissenschaften“
– ein Projekt der Klasse 8.1 des Heinrich-Heine-Gymnasiums Hamburg

 

Letztes Halbjahr im Oktober 2019 hat unsere Klassen-, sowie Physik- und Mathelehrerin, Frau Mickel, uns einen Vorschlag zu einem Projekt gemacht. In diesem sollte es darum gehen, zusammen ein Buch über die verschiedenen Physiker in der Geschichte der Menschheit zu erstellen, dieses zu verkaufen und schließlich das gewonnene Geld an eine Organisation zu spenden.

Die Klasse stimmte dem Vorschlag zu und so machten wir uns, nach Festlegung des Layouts, Schriftgröße usw. ans Werk. Wir bekamen ein paar Wochen Zeit, um jeder einen zweiseitigen Artikel über den jeweiligen, aus einer Liste ausgewählten Physiker zu schreiben. Dazu gab es auch kleine Gruppen von Schülern, von denen die eine zum Beispiel die Organisation oder Produktionskosten herausgesucht und die andere das Cover kreiert hat.

Im Endeffekt haben wir uns für die Organisation “Hamburger mit Herz” entschieden, die das an sie gespendete Geld an Schulen für Kinder in Äthiopien gibt. Daher kam sogar eine Dame der Organisation für eine Schulstunde in unsere Klasse, um uns Genaueres darüber zu erzählen, sowie einen kurzen Dokumentationsfilm zu zeigen und alle möglichen Fragen unsererseits zu klären, wie zum Beispiel, wo genau das Geld hingeht (so z.B. Strom, Wasser oder Restaurierungen der Möbel und Gebäude). Die Kosten für die Produktion (also z.B. den Druck) wurden aus der Klassenkasse genommen. Wir entschieden uns dazu, die Bücher hauptsächlich am Tag der Offenen Tür zu verkaufen und den Preis auf 5 € zu legen. Kurz vor den Weihnachtsferien war das fertige Produkt da: „Die Geschichte der Naturwissenschaften“. Natürlich bekam jeder der mitwirkenden Schüler ein kostenloses Exemplar und wer wollte, konnte für jeweils fünf Euro noch weitere für zum Beispiel Familie und weitere Angehörige erwerben.

Am Tag der Offenen Tür, den 17. Januar 2020, war es dann soweit: Wir hatten einen Stand mit zusätzlichen Dekorationen (wie zum Beispiel Glühbirnen) und auch stand uns ein Assoziierter der Organisation namens Stephan zur Seite, der uns half, den Grund und das Ziel der Aktion den potenziellen Käufern näher zu erläutern. Zusätzlich zu den Schülern, die in geteilten Gruppen zu verschiedenen Zeiten am Stand waren, liefen einige auf dem Schulgelände herum, um ebenfalls Flyer zu verteilen. Und obwohl es manchmal etwas schwierig war, die Leute anzuwerben, wurden wir an diesem Abend/Nachmittag doch schon viele unserer Bücher los und so haben wir 340 Euro eingenommen.

Nach dem Tag der Offenen Tür wurden noch einige Bücher unter dem Lehrerkollegium verkauft. Außerdem konnten wir am 05. Februar 2020 den Informationsabend für die Fächerwahlen zum Verkauf unserer Bücher nutzen.
Auch war geplant, noch Anfang April den Flohmarkt am Heinrich-Heine-Gymnasium dafür zu nutzen, was leider jedoch natürlich auf Grund der Corona Situation wegfiel. Trotzdem lag die Endsumme unseres gesammelten Geldes bei 600 € und war damit für uns sowie hoffentlich für die Kinder aus Äthiopien, ein großer Erfolg.

 

 

 

 

 

 

 

 

Na, kommen Sie auch so langsam in WM-Stimmung, spüren Sie die Vorfreude auf perfekte Pässe, hart erarbeitete Torchancen und den krönenden Torjubel? Wir haben uns gefragt, welche Bedeutung Fußball in Äthiopien hat und sind für Sie auf die Suche gegangen.

Fußball gehört zu den beliebtesten Sportarten des Landes – obwohl Äthiopien international vor allem für mittlere und lange Laufdistanzen in der Leichtathletik bekannt ist. Denn obwohl die äthiopische Fußball-Nationalmannschaft eines der traditionsreichsten Teams des Kontinents ist, konnte sich die Mannschaft bisher noch nie für eine Weltmeisterschaft qualifizieren.

Doch das mindert das Interesse am Sport nicht im Geringsten: Fußball wird dort seit dem Jahr 1924 gespielt. Vermutlich wurde der Sport von europäischen Ausländern in der Hauptstadt Addis Abeba eingeführt.

Die verschiedenen politischen Veränderungen Äthiopiens spiegeln sich auch in der Fußballgeschichte des Landes wieder. 1935 gründeten junge Männer aus der Nachbarschaft der Kirche St. George mit der „Saint George Football Association“ den ersten Fußballverein Äthiopiens, der bis heute der erfolgreichste Fußballklub des Landes ist. Während der italienischen Besetzung von 1936 bis 1941 wurde den äthiopischen Mannschaften allerdings verboten, gegen europäische Teams zu spielen.

1943 wurde die „Ethiopian Football Federation“ gegründet, die 1953 der FIFA beitrat. Die ersten offiziellen Meisterschaftsspiele wurden 1944 ausgetragen. Nach der Machtübernahme durch Mengistu Haile Mariam wurden 1978 im Zuge seines diktatorischen Regimes alle Vereine aufgelöst und nach sozialistischem Vorbild durch Armee-, Hochschul- und politische Mannschaften ersetzt.

Die Nationalmannschaft Äthiopiens spielte ihr erstes Spiel 1947 gegen Dschibuti in Addis Abeba und gewann dieses mit 5:0. In ihren ersten Jahren spielte die äthiopische Nationalmannschaft eine wichtige Rolle im afrikanischen Fußball. Nach dem zweiten und dritten Platz gewannen die Äthiopier bei der 1962 zum dritten Mal ausgetragenen Afrikameisterschaft den Titel im eigenen Land.

Seit Ende der 60er blieben sportliche Erfolge nahezu aus. Die Nationalmannschaft zählte im afrikanischen Fußballverband zu den schwächsten. Für die Afrikameisterschaft war Äthiopien seitdem nur noch zweimal qualifiziert, für die Weltmeisterschaft nie. Trotz fehlender Erfolge der Nationalmannschaft, wird sie vom Großteil der Bevölkerung enthusiastisch unterstützt.

Im August und September 2014 hat Julia Ninic (39) in einem äthiopischen Waisenhaus gearbeitet, um den Kindern vor Ort zu helfen. Die Lüneburgerin hatte zuvor schon einige afrikanische Länder bereist und sich für dieses soziale Projekt entschieden, um die Menschen im Land ganz gezielt zu unterstützen.

„Der Wecker klingelt um 7:30 Uhr, gegen 8 Uhr gibt es Frühstück: Weißbrot mit Marmelade. Im Anschluss fahre ich mit dem Minibus von Kazanchis über Arat Kilo zur Station Kabena. Von dort aus sind es nur noch wenige Meter zum Waisenhaus –die ich leider fast immer im Regen zurücklegen muss. Wenn ich im Waisenhaus ankomme begrüße ich als erstes die Kinder. Das ist jedes Mal so niedlich, denn sie Kinder sind einfach überall und die 4 bis 8-Jährigen rufen erst: „Schoooooool?!?! Jawoll!“ und rennen dann los ins Klassenzimmer. Um 9 Uhr geht’s in etwa los: Wir lernen Zahlen und Buchstaben, einige können auch schon englische Worte schreiben. In der Pause wird manchmal gesungen oder draußen ein Zahlenspiel gespielt. Dann gehen wir zu den Babys und spielen draußen mit ihnen – wenn es nicht gerade regnet. Die anderen spielen Fußball.

Neben all der Lernerei wird aber auch viel gekuschelt und gealbert! Hier leben Mädchen und Jungs, manche sind noch Babys, andere bereits 18 Jahre alt, alle zusammen in einem Haus. Es gibt Mamas, die kochen, waschen und auf die Kinder aufpassen. Sie arbeiten in 24 Stunden-Schichten und wechseln sich ab. Neben den Mamas verantworten zwei Schwestern das Haus. Die Schwestern bringen auch manchmal neue Kinder mit hierher, sie sind wirklich zuckersüß. Auch wenn sie manchmal sehr hektisch sind, freue ich mich jeden Tag auf die kleinen Racker! Am späten Nachmittag fahre ich wieder zu meiner Gastfamilie – sie ist zauberhaft! – und esse gegen 20 Uhr mit ihnen zu Abend. Ich spreche viel mit ihnen, das ist jedes Mal toll. Außerdem lese ich viel und versuche, früh schlafen zu gehen, um wieder fit zu sein für den nächsten Tag mit meinen Kleinen. Das ist gar nicht so leicht, wie es sich anhört, denn zum einen ist es sehr kalt, zum anderen muss ich abends erstmal den ganzen Tag gedanklich verarbeiten.

An den Wochenenden erkunde ich mit ein paar anderen Ehrenamtlichen die Schönheit Äthiopiens. Ich habe ja schon viele afrikanische Länder bereist und erlebt und jedes einzelne Land ist einzigartig und wunderbar – und gerade Äthiopien ist sehr besonders. Ich bin unendlich dankbar für diese wertvolle Erfahrung, die ich niemals vergessen werde – so wie ich mich immer an jedes einzelne Kind erinnern werde.“

 

Noch in diesem Jahr wird es wieder soweit sein und Alfred Brendler kann endlich über den Marktplatz in Mekerie spazieren, mit den Kindern der Dorfbewohner fangen spielen und als Gast bei Mary und ihrer Familie leben. Sie hat er sofort ins Herz geschlossen, als er 2009 das erste Mal in Äthiopien war. Damals installierte er im Rahmen der Entwicklungshilfe eine Photovoltaik-Anlage, ein Jahr später reiste er zusammen mit dem HAMBURGER*MIT HERZ-Vorstand Gorden Isler nach Mekerie. Ganze 17 Mal war der 58-jährige Bayer bisher in dem kleinen Dorf in der Amhara-Region, kennt Sitten und Bräuche der Einwohner und genießt immer wieder die Tage am anderen Ende der Welt.

„Natürlich findet dort ein ganz anderes Leben statt. Es gibt kein Leitungswasser, man kann sich nur mit Brunnenwasser waschen, es gibt keinen Strom, keinen Handyempfang. Und man schläft auf einer Matte mit richtig vielen Flöhen, das ist für manche sehr, sehr bitter. Für mich nicht, weil ich offensichtlich flohresistent bin“, erzählt Alfred Brendler und schmunzelt.

Besonders berührt ist der Berufsschullehrer von den Kindern des Dorfes. Zur Begrüßung singen an die 80 von ihnen auf dem Dorfplatz für ihn ein Ständchen. „Mittlerweile kennen sie mich ja und sie lieben es, wenn ich mit ihnen spiele. Das ist für sie das Highlight, wenn ich dann so tue, als würde ich sie fangen: Unser gemeinsames Ritual.“

Jede Woche findet auf dem Dorfplatz von Mekerie ein Wochenmarkt statt, zu dem die Bauern aus der Umgebung mit ihren Waren kommen, mit Schafen, Hühnern oder Getreide, Eiern und speziellen Chilischoten, um sie zu tauschen oder zu verkaufen. „Das ist immer eine riesige Sache“, erklärt Alfred Brendler, „denn sie kennen dort natürlich keine Weißen und sind total überrascht, wenn dann ein großer, weißer Mann über den Markt schlendert.“

Er mag und schätzt die Rituale des Dorfes, die er während seiner zahlreichen Besuche vor Ort kennenlernen durfte. Besonders das Dorf-Komitee beeindruckt ihn. Ähnlich einem Gemeinderat werden hier alle Belange des Dorfes besprochen. Wenn über etwas entschieden werden muss, zum Beispiel eine neue Wasserleitung, werden die zuständigen Mitglieder zusammengetrommelt und es wird so lange diskutiert, bis eine Lösung gefunden ist. „Das ist auch manchmal etwas kompliziert, weil sie sehr lang miteinander diskutieren. Damit keiner sein Gesicht verliert, wird nämlich immer ein Kompromiss gesucht. Das dauert natürlich, aber das Ganze ist sehr demokratisch. Und für uns ist ja wichtig, dass die Leute vor Ort selbst entscheiden und wir ihnen nicht irgendetwas aufdrücken.“

In all den Jahren, die Alfred Brendler nun schon regelmäßig nach Äthiopien reist, um die Menschen vor Ort ganz praktisch zum Beispiel bei der Wasserversorgung oder mit Solarlampen zu unterstützen, durfte er auch einige der religiösen Traditionen der Äthiopier kennenlernen. Die Meisten sind sehr gläubig und halten streng jeden der 52 Feiertage im Jahr ein. Besonders die 40-tägige Fastenzeit wird strikt befolgt. „Ich war ja öfters an Ostern dort und dann wird man richtig ausstaffiert“, erinnert sich Brendler. „Die Hausherrin bereitet weiße Tücher für uns vor, die wie ein Gewand um uns herumgeschlungen werden, und wir gehen alle zusammen in der Osternacht in die Kirche. Dort wird gesungen – von abends um 19 Uhr bis zum Sonnenaufgang. Nach Ostern wird das Lamm Gottes geschlachtet. Es wurde zuvor auf dem Markt gekauft, dann geschlachtet und schließlich mit der Familie und den Gästen gegessen. Das ist dort das große Oster-Ritual.“

In diesem Jahr plant Alfred Brendler wieder eine lange Reise nach Mekerie. Mal sehen, welche Geschichten und Anekdoten er diesmal von dort mitbringen wird.

Wer ist Joanna?

Joanna Abram ist 33 Jahre alt und kommt gebürtig aus Polen. Nach ihrem BWL-Studium hat sie ihren ersten Job in Hamburg angenommen. Seit mittlerweile neun Jahren arbeitet sie als Unternehmensberaterin und kümmert sich um die Effizienzsteigerung in Großkonzernen und bei Mittelständlern. Diese Fähigkeit bringt sie auch bei HAMBURGER*MIT HERZ e.V. ein und sorgt hier für klare Strukturen. Ihre größte Leidenschaft sind Reisen. Ihr heimliches Ziel: einmal alle Länder dieser Welt bereist zu haben.

 

Wie ist Joanna zu HAMBURER*MIT HERZ e.V. gekommen?

Joanna war seit längerer Zeit auf der Suche nach einer Hilfsorganisation, bei der sie selbst mit anpacken konnte. Geprägt durch ihre zahlreichen Reisen entstand der Wunsch, etwas zu bewirken und Menschen dabei zu unterstützen, sich selbst zu helfen. Eine Reihe von Zufällen und ein bisschen Glück haben sie 2014 zu unserem Vorstand Gorden Isler geführt. Schnell war klar, dass HAMBURGER*MIT HERZ e.V. genau das ist, wonach Joanna schon so lange gesucht hatte. Sie ist dem Verein beigetreten, hat die Patenschaft des kleinen Jungen Johannis aus Mekerie übernommen – und ist geblieben.

 

Was sind Joannas Aufgaben im Verein?

Joanna ist seit 2017 Vorsitzende von HAMBURGER*MIT HERZ e.V. in Doppelspitze mit Gorden Isler. In ihrer Vorstandsfunktion verantwortet sie das Entwicklungsprojekt in Mekerie in Äthiopien. Ziel des Projektes ist, dass jedes Kind vor Ort zur Schule gehen kann und dadurch die Chance auf eine bessere Zukunft geboten bekommt. Deshalb ist die Vermittlung von Paten aus Deutschland ein zentraler Kernpunkt von Joannas Arbeit.

 

Warum die kurzfristige Reise nach Äthiopien im August?

Doch die Chance auf Bildung reicht nicht, wenn die Gesundheit nicht mitmacht. In Äthiopien gibt es keine allgemeine, für alle zugängliche Krankenversicherung. Viele Äthiopier können sich dadurch nicht die medizinische Behandlung leisten, die hier in Deutschland für jeden so selbstverständlich ist. Dazu kommen schlechte Hygienebedingungen vor Ort, die wiederum Krankheiten verursachen, die bei uns seit Jahrzeiten nicht mehr auftreten.

Unser Schützling Bamlaku leidet an einer degressiven Augenerkrankung und wird ohne Behandlung irgendwann/bald erblinden. In Äthiopien würde ihm damit das Leben eines Bettlers bevorstehen. Auch Messay, ein Mädchen mit Schilddrüsenüberfunktion, benötigt dringend eine Operation. Beide Kinder haben wir auf ihrem Ausbildungsweg begleitet und möchten sie jetzt auch bei ihrer Genesung unterstützen. Denn manchmal ist eine Ausbildung eben nicht alles.

Da sich der Zustand von Bamlaku deutlich verschlechtert und Messay nach zwei Jahren Medikamenteneinnahme endlich operiert werden darf, hat HAMBURGER*MIT HERZ e.V. entschieden, Bahar Dar in Äthiopien zu reisen, um beiden Kindern die notwendige medizinische Betreuung zu ermöglichen.

Was sind die nächsten Schritte in Mekerie?

Das Projekt befindet sich derzeit in einer Umstrukturierungsphase und soll noch nachhaltiger

wirken. Dabei ist Hilfe zur Selbsthilfe ein zentrales Element. Diese ist nur möglich, wenn wir als Verein die Starthilfe geben und die Menschen vor Ort dann darauf aufbauen können, damit HAMBURGER*MIT HERZ e.V. seine Hilfe bei anderen Bedürftigen fortsetzen kann. Vielleicht möchten Sie sich engagieren und an unserem Workshop im September teilnehmen? (Mehr steht noch nicht)  Dort besprechen wir die Weiterentwicklung des Projektes und unsere Ideen und Vorschläge. Wir freuen uns auf Sie!